BITTE NICHT ANFASSEN! Zwoelfer Special 4: – Grenzregion
Show Notes
Weil jemand einen Leichnam auf der falschen Seite begraben wollte, wäre es im Spätmittelalter in der heutigen nördlichen Oberpfalz fast zum Krieg gekommen. Doch dem Kaiser wurde das zu blöd. Daher schritt er ein und legte fest, dass mal das Stift Waldsassen und mal die Stadt Eger Urteile fällen durfte. Und schön jedes Jahr abwechseln! Die Probleme hat das jedenfalls nicht gelöst. Das hat dann erst ein Vertrag Jahrhunderte später geschafft.
In dieser Folge erzählen wir vom Leben an der Grenze: von Streitereien, Todesurteilen, Zerstörung und Vertreibung, aber auch von Annäherung. Dazu haben wir den Sengerhof in Bad Neualbenreuth besucht und waren mit dem Vertriebenen Karl Schneider in einem heutigen Waldstück, wo früher sein Dorf stand. Wir haben uns das Gelebte Museum in Mähring angesehen und gehen der Frage nach: Wie hält man die Erinnerung an etwas hoch, das verschwunden ist?
Die Kooperation von das zwoelfer und dem Podcast „BITTE NICHT ANFASSEN!“ wird gefördert von der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern.
#podcastdeutsch #museenentdecken #wissenschaft #museum #oberpfalz #bayern #Geschichte #Grenze #Grenzregion #Frais #Kondominat #Sudeten #Vertreibung #Mähring #Neualbenreuth
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Hilfreiche Links:
Zur Fasaneninsel: https://de.wikipedia.org/wiki/Fasaneninsel_(Baskenland)
Liste historischer Kondominate: https://de.wikipedia.org/wiki/Kondominium
Weitere Infos zur Frais/Fraisch: https://www.neualbenreuth.de/gemeinde/geschichte/die-fraisch/
http://www.schmidt-grillmeier.de/Frais-Webseite.htm
Zu Lohhäuser: Online findet man so gut wie nichts dazu. Das Buch “Lohhäuser. Das verschwundene Dorf” von Karl Schneider kannst du dir über das Gelebte Museum in Mähring bestellen. Es kostet 30 Euro.
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Infos zum Museum:
Kultur- und Dokumentationszentrum Fraisch
Sengerhof
Turmstraße 5 – 7
D-95698 Bad Neualbenreuth
Gelebtes Museum Mähring
Rathausstraße 98
D-95695 Mähring
https://www.maehring.de/museen
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über BITTE NICHT ANFASSEN!:
Woran denkst du beim Wort Museum? An weltberühmte Ausstellungsstücke wie Sarkophage ägyptischer Pharaonen, an Gemälde von Picasso oder an technische Erfindungen wie das Automobil? Denkst du an das Deutsche Museum in München, das Pergamon-Museum in Berlin oder an das Städel in Frankfurt? Wir – das sind Ralph Würschinger und Lukas Fleischmann – denken beim Wort Museum an etwas Anderes: an Milbenkäse, Mausefallen, an Flipper-Automaten, Nummernschilder oder auch an Gartenzwerge. Denn die schätzungsweise 7.000 Museen in Deutschland haben so viel mehr zu bieten als das Angebot der großen Häuser.
Mit „BITTE NICHT ANFASSEN – Museum mal anders“ begeben wir uns an kleine Orte, in Seitengassen großer Städte, um die kleinen und alternativen Ausstellungen zu finden, von denen du vermutlich noch nie gehört hast.
Pro Monat erscheint eine Folge, für die einer von uns beiden ein besonderes Museum besucht und sich mit dem jeweils anderen darüber austauscht. Dabei kommen Museumsbetreiberinnen und -betreiber zu Wort, aber auch die Exponate an sich werden hörbar gemacht.
Dieser Podcast ist für Museumsliebhaber, für Mitarbeiter aus dem Museumsbereich und für alle, die sich für Kunst, Kultur und Technik-Geschichte interessieren und skurrile Stories mögen.
BITTE NICHT ANFASSEN! ist eine Produktion von Escucha – Kultur für’s Ohr.
Mehr Infos auf https://www.escucha.de/bitte-nicht-anfassen/
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Kontakt:
Instagram: https://www.instagram.com/bittenichtanfassen_podcast/
E-Mail: info[at]escucha.de
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über „Das Zwoelfer – Museen im Landkreis Tirschenreuth!“:
Wir sind die Museen im Landkreis Tirschenreuth und hier gibt es viel zu sehen, staunen und entdecken. 12 Monate im Jahr gibt es ein vielseitiges Programm: Sonderausstellungen, Veranstaltungen und Aktionstage zum Mitmachen.
Das Stiftland und der Steinwald haben einiges zu bieten und auch die Museen in unserem Landkreis sind immer wieder einen Besuch wert. Nicht nur in den größeren Städten wie Tirschenreuth, Waldsassen, Mitterteich, Kemnath und Erbendorf finden Sie mancherlei Museumsschätze, sondern auch in Bärnau, Bad Neualbenreuth, Mähring, Plößberg und nicht zuletzt auf der Burg in Falkenberg gibt es viel Neues und Altes zu entdecken.
Wir laden Sie ein auf eine spannende und abwechslungsreiche Entdeckungsreise durch die Museen im Landkreis Tirschenreuth und wünschen Ihnen dabei einen angenehmen Besuch, bleibende Eindrücke und interessante Begegnungen. Wir freuen uns auf Sie!
Wollt ihr uns unterstützen?
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Podcast-Credits:
Sprecher: Lukas Fleischmann, Ralph Würschinger
Produktion: Escucha GbR
Podcast-Grafik: Tobias Trauth; https://www.instagram.com/don_t_obey/
Intro/Outro: Patrizia Nath (Sprecherin) https://www.patrizianath.com/, Lukas Fleischmann (Musik)
Wenn euch der Podcast gefällt, dann abonniert uns und empfehlt uns weiter. Welches Museum sollen wir unbedingt vorstellen? Schreibt uns eure Vorschläge!
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Transkript
Teaser
Ralph
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Bitte nicht anfassen – Museum mal anders. Der Podcast, wenn’s um skurrile, schräge, kleine alternative Museen geht und auch um deren Kuratoren, Kuratorinnen, was auch immer. Ich bin aber nicht alleine hier. Mein Name ist Ralph. Ich habe bei mir ….
Lukas
ja der andere hier mit im Boot, der bin ich.
Ich bin Lukas und unser Konzept ist einfach erklärt: Wir stellen nämlich dem anderen normalerweise pro Folge ein skurriles Museum mitsamt all seiner Geschichten vor. Aber in diesem Monat September ist ja alles ein bisschen anders, denn der September steht im Zeichen einer Kooperation zwischen Bitte nicht anfassen! und das zwoelfer, Museen im Landkreis Tirschenreuth. Das ist ein Museumsverbund, der uns einfach eingeladen hat, mal seine skurrilen Museen anzugucken.
und wir waren bislang schon bei Zoigl, also in der regionalen Biertradition. Wir haben uns angeguckt, wie das Glas aus der Oberpfalz nach Notre Dame und zum Big Ben kommt. Wir haben uns verrückte Geschichten über den Widerstand des ehemaligen sowjetischen Botschafters und der katholischen Anziehungsperson Resl von Konnersreuth angehört. Und jetzt sind wir bei der letzten Folge dieser Kooperation. Und da ich ja in der vergangenen Folge über den Widerstand parliert habe bis zu dem Rand, das heißt, ich kann mich mal wieder zurücklehnen und deiner schönen Geschichte hoffentlich zuhören.
Ralph
Heute geht es um das Thema Grenzen, also Grenze zwischen Gebiet A und B und im Laufe der Geschichte, das weiß ja jeder, haben sich Grenzen verschoben. Das ist auch in der nördlichen Oberpfalz passiert. Heute liegt ja die nördliche Oberpfalz an der Grenze zu Tschechien. Und diese Grenzlage, die hatte auch früher schon enorme Auswirkungen auf die Menschen, die dort gelebt haben. Und ich habe unter anderem mit jemanden gesprochen, der gezwungen war, sein Leben komplett umzustellen und den das bis heute nicht loslässt. Aber ich fang mal mit einem Exkurs an Ich weiß, du bist nicht der größte Freund von Exkursen, sondern willst eigentlich direkt rein, aber ich fand es trotzdem interessant. Wir werden ja sehen, ob es drin bleibt. Kennst du den Fluss, Oh Gott. Ich hoffe, ich spreche ihn jetzt richtig aus, Bidasoa?
Lukas
Noch nie gehört.
Ralph
Das ist der Grenzfluss zwischen Frankreich und Spanien. Und der mündet im Norden in den Golf von Biscaya. Es ist ein sehr breiter Fluss. Und in diesem Fluss, da gibt es eine Insel, die Fasanen-Insel, auch genannt Konferenzinsel.
Und die ist rund 220 Meter lang und bis zu 42 Meter breit, unbewohnt. Und da die auf der Grenze liegt, hast du eine Ahnung, wem diese Insel gehört?
Lukas
Also es gibt ja immer wieder so Geschichten, dass sich dann das von Jahr zu Jahr abgewechselt wird, dass es einmal, dann Frankreich gehört und im nächsten Jahr wieder Spanien. So kenne ich das von Inseln, die, bei denen sich zum Beispiel Dänemark und Kanada, die sich da immer abwechseln.
Vielleicht ist es da ja auch so?
Ralph
Ja, das ist auch so, nur dass es nicht jährlich ist, sondern halbjährlich. Also mal untersteht es den Franzosen, mal den Spaniern und das schon seit mehr als 350 Jahren. Das Gebiet, das wird sozusagen gemeinschaftlich verwaltet und da gibt es auch einen Fachbegriff dafür. Ich hoffe, ich spreche den jetzt auch richtig aus.
Kondominium oder Kondominat, also vom lateinischen con zusammen und dominare herrschen. Und was die Fasaneninsel jetzt ganz einzigartig macht, ist das, dass es das kleinste Kondominat der Welt ist und auch eines der wenigen, das bis heute noch existiert. Früher kam das öfter vor. Und mit Bildung der modernen Nationalstaaten ist es dann fast verschwunden. Und ein anderes Kondominat, das aber heute auch verschwunden ist, das lag in der nördlichen Oberpfalz, genauer gesagt im Grenzgebiet zu Tschechien.
Und das hat rund ein Dutzend von Ortschaften umfasst, unter anderem die Ortschaft Bad Neualbenreuth. Es ist ein Kurort, wie der Name schon sagt, mit rund 1500 Einwohnern liegt nur wenige 100 Meter entfernt von der heutigen tschechischen Grenze. Und dort gibt es ein Museum, das heißt Sengerhof. Also es ist ein Bauernhof, ein Vierseithof aus dem 18. Jahrhundert, und der wurde dann von den Leuten dort an die Marktgemeinde vermacht und beherbergt unglaublich viele Gegenstände der Vorbesitzer, also ganz viele Kleidungsstücke, Alltagsgegenstände, Werkzeuge usw alles in gutem Zustand.
Darum geht es aber heute nicht. Es geht ja um Grenzen, hab ich gesagt. Und ich habe Albert Köstler kennengelernt, den Museumsleiter. Der ist auch zufällig der ehemalige Bürgermeister von Bad Neualbenreuth. Hatten wir schon mal in der Folge. Ja. Und in einem Raum von diesem Museum, Da geht es um die Geschichte der Fraisch. Hast du davon schon mal gehört?
Lukas
Noch nie. Fraisch? Keine Ahnung.
Ralph
Ja, das ist ein ganz altes Wort. Und was das bedeutet, das soll dir mal Albert Köstler erklären.
Albert Köstler
Es ist ein Begriff aus dem Althochdeutschen, der ursprünglich Angst und Schrecken heißt. Ja, im engeren Sinn war Fraisch die Blutgerichtsbarkeit, die höhere Gerichtsbarkeit. Also wer Todesstrafe, die Todesstrafe hat. Malefiz-Fälle, so hat es damals geheißen.
Lukas
Der Name Fraisch für ein Gebiet ist jetzt eigentlich nicht sehr positiv konnotiert. Todesstrafe, höchste Gerichtsbarkeit. Klingt ja jetzt eher nach einem Gebiet, was sich so ein bisschen nach Guantanamo Bay anhört.
Ralph
Ja, aber das ist tatsächlich ein bisschen irreführend. Es geht um diese Besonderheit im Gebiet, dass nämlich die Blutgerichtsbarkeit oder die hohe Gerichtsbarkeit sich da ständig geändert hat. Okay, das kann ich schon mal verraten. Und zur hohen Gerichtsbarkeit. Albert Köstler hatte schon gesagt, da geht es um Todesstrafe und wir befinden uns jetzt im Spätmittelalter, also müssen wir wirklich weit zurückgehen.
Was meinst du, was hat der früher so zur Todesstrafe geführt?
Lukas
Vieles.
Ralph
Ja, richtig, Albert Köstler zählt mal für dich auf.
Albert Köstler
Ketzerei, Zauberei. Vergiftung. Kirchenraub. Ehebruch. Notzwang. Blutschande. Unkeuschheit. Entführung einer Witwe oder Jungfrau. Um Gottes Willen. Wer sich mit zwei Personen verlobt. Oh Gott. Mord, Raub, Brennen, Wegelagerei und, und, und.
Lukas
Also alles so stakkatoartig. Hätte ich jetzt nicht aufzählen können.
Ralph
Ja, ja, alles Mögliche. Er hat aufpassen müssen. Sagen wir es mal so und wie schon angedeutet, bezeichnet die Fraisch ein Gebiet, wo die hohe Gerichtsbarkeit sich geändert hat. Jetzt ist aber die Frage ja, warum ist das dann so? Warum hat sich da diese hohe Gerichtsbarkeit geändert? Und auch inwiefern?
Darauf gehe ich jetzt ein bisschen ein. Es ist ja so, dass du in der vorletzten Folge von dem Stift Waldsassen schon gehört hast. Ja, und dieses Stift Waldsassen das war sehr mächtig. Es war sehr kaufkräftig, hat sehr viele Gebiete sich angeeignet. Also wir sprechen jetzt so vom 12., 13., 14. Jahrhundert, und es gab aber noch ein anderes Gebiet, das war die Stadt Eger oder auch Tschechisch Cheb.
Die war auch einigermaßen wohlhabend und hat sich auch Gebiete angeeignet. Und so entstand dann in dieser Region ein Flickenteppich, wo es Gebiete gab, die dem Stift Waldsassen zugewiesen waren und dann wieder der Stadt Eger. Und es gab auch sogenannte gemengte Orte, wie auch Neualbenreuth einer war, in dem sich Bürger, die zum Stift Waldsassen gehört haben, aufgehalten haben, genauso wie Leute, die halt zur Stadt Eger gehörten.
Und da kannst du dir vorstellen, das könnte zu Streitereien geführt haben, gerade über Steuerabgaben, Brauereirechte, Bäckereirechte usw. Hinzu kommt noch als wichtiger Punkt, dass sowohl das Stift Waldsassen als auch die Stadt Eger. Das waren sogenannte reichsunmittelbare. Sagt dir das was?
Lukas
Ja, das heißt reichsunmittelbar heißt doch in dem Fall, dass die keinem Kurfürsten unterstehen, sondern direkt dem Kaiser.
Ralph
Genau. Das heißt, wenn es da zu Streitereien kam, die man nicht sofort auflösen konnte, da musste sich letzten Endes der Kaiser in Österreich einschalten. Das war dann auch der Fall bis zum 16. Jahrhundert, das dann immer wieder Streitereien gab und dann ist aber was passiert, das dann die Situation mit einem Schlag umgestellt hat.
Albert Köstler
Der Mord von Hundsbach, wo ein waldsassener Bürger einen egerischen Bürger an der Grenze jämmerlich ableibig gemacht hat, erschossen. Und der hat dann den Leichnam genommen, aufgeladen auf einen Bruckwagen und hat ihn auf dem Waldsassener Friedhof eingscharrt. Das haben die Egerer aber mitbekommen und haben die Bürger als Geisel genommen und haben die gesagt: Also wenn ihr ihn nicht rausrückt, den Toten, dann gibt es Krieg und das ist dann so passiert, der wurde zurückgegeben.
Aber die ganze Geschichte ist da wieder sage ich jetzt noch mal dem Kaiser von Österreich vorgetragen worden, und der hat gesagt: jetzt ist Ruhe.
Ralph
Ja kurz zusammengefasst: jemand aus Waldsassen hat einen Egerländer umgebracht also Egerländer, der gehört zur Stadt Eger sozusagen, und hat dann diesen Egerländer, ja genau diesen Egerländer auf Waldsassenr Gebiet begraben. Das fanden die Egerländer aber nicht so toll und haben dann ihrerseits
Lukas
Aber die Tatsache, dass der Waldsassener den Egerländer umgebracht hat…
Ralph
Das war auch schon nicht toll. Und dann war es eben so, dass die Egerländer dann ihrerseits Geiseln genommen haben. Leute, die sich zu dem Zeitpunkt Egerland sozusagen aufgehalten haben, aber aus Waldsassen stammen und gesagt haben So, ihr gebt jetzt da diesen Leichnam raus, sonst geben wir die Geiseln nicht frei. Dann gab es halt diesen Austausch und das Problem hat dann auch der österreichische Kaiser mitbekommen und hat gesagt Ich will jetzt endlich eine Lösung für finden, damit es nicht ständig diese Streitereien auf diesem Gebiet gibt. Und dann hat er 1591 einen Vertrag aufgesetzt und in diesem Vertrag stand, dass sich jedes Jahr die Gerichtsbarkeit in dem Gebiet abwechseln sollte, also die hohe Gerichtsbarkeit, das heißt jedes, also auch nicht so zum 1. Januar oder was, sondern jeden Sommer hat jemand in Neualbenreuth verkündet, wer ab jetzt die Gerichtsbarkeit für ein Jahr innehat, also das Stift Waldsassen oder die Stadt Eger und wer eine Tat während des Waldsassener Jahres begangen hat, der ist dann auch von Waldsassen verurteilt worden und umgekehrt. Also auch wenn es jetzt ins nächste Jahr rüber gereicht hätte oder so.
Ja, und laut Albert Köstler hat das dann trotzdem nicht verhindert, dass es weiterhin Streitereien gegeben hat. Aber die Verurteilung wird halt jetzt leichter und es hat sich noch was verändert, nämlich die Fraisch wurde ein zollfreies Gebiet, das heißt sie konnten da zollfrei bestimmte Sachen einführen, wie zum Beispiel aus Böhmen Eisen, aber aus Bayern auch Bier und Salz.
Und eigentlich sollte das nur eine Übergangslösung sein und hat dann aber relativ lang gehalten. Hast du eine Ahnung, wie lang das gegangen sein könnte?
Lukas
Hmm, also geschichtlich müsste sich ja an den Staaten was ändern, also schätze ich mal wird es mindestens bis. Also ich schätze mal Säkularisation. Das heißt ich würde sagen bis Napoleon bis sich halt das Königreich Bayern gegründet hat, also Anfang 19. Jahrhundert.
Ralph
Ja schon sehr gut geraten. Also bis 1862 ging es tatsächlich noch. Mit dem Wiener Vertrag hat sich das dann geändert. Letzten Endes, das war der war ja dann 1862 und da wurde dann eben der Grenzverlauf zwischen Bayern und Böhmen neu geregelt und die Fraisch wurde aufgelöst. Neualbenreuth ist zu Bayern gekommen und Altalbenreuth, der Nachbarort, der nur wenige Kilometer entfernt liegt, der kam zum österreichisch-ungarischen Kaiserreich.
Lukas
Okay.
Ralph
a und heute ist es so, also es ist natürlich schon sehr lange her. Heute ist es so, dass man ja eigentlich gar nichts mehr wirklich sieht von diesem Gebiet. Was soll man auch groß sehen, aber es gibt trotzdem ein Überbleibsel aus dieser Zeit, nämlich kulturell: Das ist das Egerländer Fachwerk, okay. Und dieser Sengerhof, also das Museum in Bad Neualbenreuth, das ist in der Egerländer Fachwerkbauweise erbaut, das Fachwerk, das zieht sich nicht durch das komplette Haus durch.
Das geht eher so im Obergeschoss los und hat dann ein Rautenmuster, das sehr eigen aussieht. Und außerdem gibt es auch noch die Sprache, die Egerländer Sprache, die sich bis heute erhalten hat. Dazu Albert Köstler.
Albert Köstler
Wie die Grenze geöffnet worden ist 1990 1991, wie wir die ersten informellen Treffen hatten, auch mit Leuten außerhalb der Grenze, Tschechischen Landsleuten, sind welche auf uns zugekommen, haben uns Deutsch angesprochen. Aber nicht Deutsch, sondern egerländisch, so überraschend und reinrassig, dass ich es selber nicht verstanden habe. Aber ich wusste es von meinen Großeltern her Namen, wie zum Beispiel der Schurl, das war der Georg.
Lukas
Okay, das heißt, sie haben jetzt in der Zeit ihre eigene Sprache entwickelt, die dann egerländisch war und das ist ein Dialekt, aber ein bayerischer Dialekt dann.
Ralph
Ja, also es ist schon ähnlich zur Oberpfälzisch, aber das ist schon noch mal was eigenes.
Lukas
Okay, also hatte wahrscheinlich irgendwelche slawischen Einflüsse durch das tschechische.
Ralph
Gut möglich.
Lukas
Ja okay, aber ist ganz interessant, dass dann die Leute auf tschechischer Seite dann noch dieses Egerländisch sprechen.Vermutlich auch noch mehr als die Leute im bayerischen Teil.
Ralph
Und viele Ortschaften, die sich im damaligen Gebiet befunden haben, vor allem auf tschechischer Seite die sind nach dem Zweiten Weltkrieg zerstört worden, sind geschliffen worden von den Sowjets und die deutschsprachigen Einwohner vertrieben worden zwar auch in Altalbenreuth das ist zum Beispiel der Fall. Also Altalbenreuth existiert eigentlich nicht mehr, im Gegensatz zu Bad Neualbenreuth.
Neben den Orten im Gebiet der Fraisch waren noch ganz viele andere Orte von Zerstörung betroffen. Nach dem Zweiten Weltkrieg nämlich die im ehemaligen Sudetenland. Das waren rund 2400 Orte, die da zerstört worden sind.
Die Sudeten das ist ja ein Gebirgszug, der sich durch Tschechien erstreckt und in den heutigen Gebieten von Böhmen, Mähren und Schlesien, da ist das ehemalige Sudetenland zu verorten, gerade auch hin zur deutschen bzw. zur österreichischen Grenze.
Und einen diese abgerissenen Orte habe ich besucht und kann schon mal sagen, das es echt was ganz Besonderes für mich war. Ich hab mir das vielleicht anders vorgestellt, aber das war echt krass. Ja, aber ich war nicht allein unterwegs.
Karl Schneider
Ist schon schmerzhaft, wenn man dort hinkommt, wo man als Kind gespielt hat und es ist nichts mehr da. Das Haus der Großeltern steht nicht mehr. Das Haus, in dem meine Eltern gewohnt haben, steht nicht mehr. Es ist kein Haus mehr.
Lukas
Okay, das heißt, von dem Ton ausgehend gehe ich davon aus, dass du da mit jemanden warst, der wirklich in diesem Dorf gelebt hat.
Ralph
Ja, richtig. Das ist Karl Schneider, den du gerade gehört hast. Der ist natürlich schon etwas älter. Und er ist in einem dieser Dörfer aufgewachsen, das es nicht mehr gibt. Und das Dorf hieß Lohhäuser. Die Ruinen davon stehen auf heute tschechische Seite.
Bis 1946 gab es das Dorf, das hatte 29 Häuser und auf der einen Seite grenzt es an An Wiese an und auf der anderen Seite war Wald. Und als ich da war, also du musst dir das so vorstellen, du gehst über die Grenze drüber, das ist eh schon im Wald und dann bist du einfach mitten im Wald und überall hast du Bäume und keine Gebäude mehr.
Dann sagt Karl Schneider halt so, ja, hier stand das Gebäude und da stand das Gebäude. Und heute sind halt echt sauhohe Bäume. Also ist das für mich so überraschend, dass diese Bäume, die waren ja 30 Meter hoch oder so,
Lukas
Aber hast du da trotzdem noch Ruinen gesehen? Aso von einem Haus habe ich eine Ruine gesehen, sonst nichts mehr.
Das ist echt krass, dass das so abgetragen ist. Das sind einfach Wiese, Waldboden, Sträucher, Bäume. Hast aber keine Häuser mehr. Und für mich war das ja quasi einfach so Waldstück. Für Karl Schneider war das aber ein Ort der Erinnerung.
Karl Schneider
Ist sicherlich auch Nostalgie. Muss man ja vorsichtig sein. Man verfälscht dann auch manches. Das ist alles nicht ganz ohne. Aber ich weiß noch genau, mein Onkel, der Heger war, der im Forst tätig war, hatte einen kleinen Dackel, den Waldi, und der war mein Ein und Alles. Ich habe mich neben unserem Haus ja in die in die Försterwiese gelegt, bin eingeschlafen. Der Waldi hat gebellt, wenn jemand sich näherte.
Und das sind halt so kleine punktuelle Erinnerungen, die ich auch noch habe. Und aus diesem Kinderparadies bin ich ja vertrieben worden.
Ralph
Er war neun Jahre alt, als er diesen Ort verlassen musste, zusammen mit seiner Mutter, seinen zwei Brüdern und den Großeltern. Und die Leute wurden ja verteilt in die verschiedenen Zonen in Deutschland. Und er hatte gehofft, nach Bayern zu kommen, in die amerikanische Zone. Es ging aber für sie in die russische Besatzungszone nach Thüringen. Von dort sind sie dann bald darauf geflohen.
Also er ist geflohen, zusammen mit seinem jüngeren Bruder und seiner Mutter. Der andere Bruder und die Großeltern mussten noch eine Weile in Thüringen bleiben, weil was gesundheitlich einfach nicht gepasst hat. Sie sind dann geflohen ins Allgäu, zu Karl Schneiders Onkel und später dann in die Oberpfalz gezogen. Da kam dann auch seine Großeltern dazu, und sein mittlerer Bruder und damit war der Umzug aber noch nicht ganz abgeschlossen.
Karl Schneider
Und weil kein Platz mehr für mich war und ich schon immer früher bei den Großeltern, bin ich mit meiner Großmutter und meinem Onkel, dem Bruder meines gefallenen Großvaters, bin ich dann in eine Waldhütte gezogen, die heute noch steht. 20 Quadratmeter mitten im Wald. Und da musste ich zwei Jahre lang leben. Sommer und Winter, Winter auf Skiern und ganz allein im Winter.
Ganz hart. Meine Mutter hatte mir ein Fahrrad noch besorgt, das machte mir das Ganze dann leichter. Aber ich hatte keine Spielkameraden da, und das hat mich natürlich auch geprägt.
Ralph
Vom zehnten bis zum 13. Lebensjahr war er dort in dieser Waldhütte, und ab und zu ist er von seinen Verwandten noch besucht worden. Später, als er dann erwachsen war, war es dann ich sage mal, nicht mehr so einsam. Er ist dann in die Nähe von Bremen gezogen, wo er auch heute noch lebt.
Lukas
Ich wollte doch sagen also, dass er für den Oberpfälzer einen ziemlich norddeutschen Einschlag hat, finde ich.
Ralph
Und für ihn war lange Zeit die Sache mit Lohhäuser, also mit diesem Dorf, in dem er aufgewachsen ist, ja gegessen, war irgendwie vom Tisch, weil es ja auch schwierig war, dorthin zu gehen. Zu Zeiten des Eisernen Vorhangs noch. Und als dann aber die Grenzen geöffnet wurden. Am ersten Tag sind dann Karl Schneider und seine Brüder dort hingegangen nach Lohhäuser und haben dann schon komplett zerstört das Dorf vorgefunden.
Einzig da Fundament der damaligen Mühle steht noch sowie ein Mahnmal für die im Krieg Gefallenen und aus Angst, dass das Dorf, also sein Ort, wo er aufgewachsen ist, dass das in Vergessenheit gerät, ist ein Karl Schneider an den damaligen Bürgermeister des Nachbarortes Mähring herangetreten. Also das liegt dann in der Oberpfalz, in Bayern und hat gefragt, ob es nicht möglich ist, so eine Patenschaft irgendwie zu übernehmen, um das im Gedächtnis zu behalten.
Karl Schneider
Und dann sagte der Bürgermeister Das kann ich nicht entscheiden, das muss der Gemeinderat. Und meine Anmerkung Ja gut, es gibt doch in der Schule Heimatkunde, habe ich irgendwo gelesen. Werden doch sicherlich Lehrer erklären, dass da auch mal hinter der Grenze ein Dörfchen war und dass die Menschen Kontakte hatten. Dann hat er mich oder uns beide, mein Bruder und mich, mit großen Augen angeschaut und gesagt Nein, da irren Sie ja, die Lehrer kommen von auswärts.
Sie haben keine Ahnung, dass da mal Leute hinter der Grenze waren, dass da mal ein Dorf war, das weiß keiner von den Lehrern. So, Wie bitte? Und das mag jetzt pathetisch klingen. Dann habe ich mir gesagt, So, ich komme aus diesem kleinen Dorf. Aber die Menschen, die dort gelebt, geliebt und gelitten haben, haben es nicht verdient, im Schwarzen Loch der Geschichte zu verschwinden.
Lukas
Und dann hat er selber das Heft des Handelns in die Hand genommen?
Ralph
So ist es ja. Er hat dann angefangen, ganz viel zu recherchieren, hat Archive aufgesucht, die Dorfchronik ausfindig gemacht, mit Überlebenden gesprochen und hat letzten Endes dann ein ausführliches Buch darüber geschrieben. Auch mit ganz vielen Fotos. Und er hat es geschafft, dass Mähring dann die Patenschaft übernommen hat.
Lukas
Für Lohhäuser?
Ralph
Genau. Ja. Und heute ist es noch so, dass mindestens einmal im Jahr Karl Schneider von der Nähe von Bremen nach Lohhäuser kommt, um sich mit anderen ehemaligen Bewohnern zu treffen.
Lukas
Ja, gibt es davon noch welche? Weil es können nicht mehr viele sein. Oder wenn es 29 Häuser waren und wir reden da von 1946.
Ralph
Also laut Karl Schneider sind es nur 4 bis 5 Leute, die es noch gibt.
Ja, und der Ort Mähring, Der erinnert auch noch an dieses Lohhäuser, nämlich im Museum, das Sie haben. Sie haben das sogenannte gelebte Museum Mähring. Das Problem ist ein bisschen, dass es wenig Objekte gibt aus Lohhäuser und deswegen ist gerade auch nicht viel ausgestellt in dem Museum. Dort gibt es eine Miniatur, so ein Modell, das veranschaulicht, wie das damals ausgesehen hat, wo die Häuser standen, wie die Straße verlief.
Und es gibt auch noch so so Perlen anzugucken, die sind mir aufgefallen. Worum es sich dabei handelt, erzählte Roland Weiß, er ist Leiter des Museums.
Roland Weiß
Ja, hier in Lohhäuser sind in der Mühle dann so Holzperlen gefertigt wurden sogenannte Badl. Und da sind unter anderem so Alltagsgegenstände, wie Einkaufstaschen gefertigt wurden. Und ja, Kreuz und verschiedene andere Sachen. Kleine Taschen.
Lukas
Ich glaube, ich kenne diese Holz einkaufstaschen. Ich glaube, dass meine Oma so eine hatte.
Ralph
Ja. Ja, gut möglich. Ja. Und diese Perlen, die ich da gesehen hab, die waren auch eine Tasche rein gemacht und haben einer Frau gehört, die aus Lohhäuser geflohen ist und die Tasche dann dem Museum vermacht hat. Ja, Außerdem kann man noch den Mühlstein sehen. Der wurde in einer Nacht und Nebel Aktion dann irgendwann mal geborgen. Aber ja, das war’s dann leider. Also es gibt einige Sachen, die im Lager sind, hat mir Roland Weiß versichert. Aber zu dem Zeitpunkt gab es sonst nur eine Ausstellung mit Gemälden eines erst örtlichen Künstlers, der dann auch Landschaften gemalt hat. Und Roland Weiß den du jetzt gehört hast, der hat Lohhäuser nicht mehr miterlebt, der ist ein bisschen jünger. Der ist aber gebürtige Mähringer und da wollte ich wissen, was er da mit Lohhäuser dann überhaupt noch verbindet. Also gibt es da überhaupt noch eine Verbindung oder wie wird das denn am Leben erhalten?
Roland Weiß
Das hier das war immer früher in meiner Kindheit verbotenes Land, da war hier die Grenze, da hast du bloß rüber geschaut und konntest nicht rüber und da haben immer bloß Großvater erzählt, Lohhäuser; wie es da drüben zugangen ist, also dass sie da rüber gegangen sind ins Wirtshaus usw aber man konnte es nie sehen selber. Und das hat mich immer interessiert und fasziniert.
Lukas
Ja, das kann ich mir aber gut vorstellen. Ich glaube, so verbotene Orte oder so Orte, die gibt es, weil man so eine Grenze, das muss eine unglaubliche Faszination ausüben. Jetzt zum Beispiel bei mir, wo ich aufgewachsen bin, im Nachbardorf, im Wald da ist noch ein Munitionsdepot, der Nazis. Ist auch alles abgesperrt, weil vielleicht liegt da noch Munition irgendwo rum.
Ich weiß es nicht. Aber du kannst dir vorstellen, wie oft wir uns als Kinder entlang an den Zäunen da entlang gehandelt haben und rüber geguckt haben und vielleicht ein Ort gefunden hat, wo man drüber klettern kann oder drunter klettern kann. Oder irgendwie so. Das übt eine wahnsinnig Faszination aus.
Ralph
Aber es wird natürlich immer schwieriger. Je mehr Wald darüber wächst, desto weniger bleibt halt erhalten von diesem Dorf, was eh schon fast nichts mehr ist.
Und ich glaube auch, dass es für die jüngeren Generationen immer schwieriger vorstellbar ist, dass da überhaupt mal ein Dorf war. Und heute sieht das halt einfach alles anders aus als früher. Früher hatte man zu Zeiten von Roland Weiß hatte man halt einfach da eine Grenze und also geografisch wie auch kulturell. Und heut ist es halt anders.
Roland Weiß
Ja früher waren wir am Ende der Welt. Wenn man so sagen kann, da ist ja Mähring mehr oder weniger so abgeschlossen gewesen, der ging ja nur in zwei Richtungen konnte man rausfahren. Früher, vor der Wende gab es überhaupt keine Beziehungen darüber, dass war halt einfach, weil der Zaun war, gab es nicht. Man konnte da nicht hin und her.
Und nach der Wende ist es ja schon ganz anderes Verhältnis. Es wird rübergefahren, es gibt Tschechen, die hier arbeiten, also bissel Bremsen tut das Ganze die Sprache tschechisch. Die wenigsten können das. Also es ist eine schwere Sprache. Ich habe das sogar mal versucht, aber aufgegeben.
Lukas
Ja, das kann ich mir vorstellen. Wenn da irgendwie über Jahrzehnte hinweg war ja bis 1900 plötzlich 1990 und das dauert halt so was. Na und wenn es dann diese sprachlichen Kontakte nicht mehr gibt und wenn auch die Leute zum Beispiel nicht zweisprachig aufwachsen, weil warum sollten sie es? Ich meine, wenn da die Grenze ist, wenn da der Zaun ist, die werden ja deswegen nicht nach Tschechien rübergehen, weißt was ich meine?
Das heißt, es gibt ja für die überhaupt keinen Grund, Tschechisch zu lernen. Genossen ist das eigentlich für die Tschechen kein Grund? Gibt Deutsch zu lernen? Das kann ich mir schon gut vorstellen. Für die gibt es glaube ich, eher noch einen Grund, Deutsch zu lernen, weil halt viele hier in Deutschland arbeiten.
Lukas
Jetzt aber, ich meine jetzt die Generation, dann während des Eisernen Vorhangs und das glaube ich halt, wird halt schwierig sein.
Ralph
Was mich noch so ein bisschen beschäftigt hat, nachdem ich diese beiden Museen da besucht habe, war die Frage ja, wie vermittelt man so was eigentlich am besten, wenn es nichts, also fast nichts gibt, was übrig geblieben ist, sozusagen gegenständlich? Und in Neualbenreuth, um jetzt da noch mal zurückzukommen, da ist es nämlich so, dass in dem Raum, wo es um die Fraisch geht, um dieses Gebiet, Du hast eigentlich nur Texttafeln, die es vermitteln. Das fand ich schon, Ja, ist halt nicht so anschaulich. Da habe ich mich gefragt ja, wie würde ich das denn anders machen usw und dann hab ich lange überlegt.
Hast du das jetzt eine fixe Idee?
Lukas
Warum denn keine Waldhütte in dieses Gebiet reinstellen und es so ein Open Air Museum, wo du kein Eintritt zahlen musst, wo du reingehen kannst und da kannst du zum Beispiel Fotos machen und die an die Fenster hinhängen, damit du quasi aus dem Fenster rausgucken kannst und dann siehst du, wo diese Häuser wie gestanden wären.
Ralph
Du meinst im Fall von Lohhäuser, oder?
Lukas
Genau.
Ralph
Ich hab mir gedacht, bei der Fraisch, wo es nur Texttafeln jetzt zu sehen gab, vielleicht wäre das ja ganz interessant gewesen, da konkrete Fälle halt zu präsentieren, weißte? Weil es ja um diese unterschiedliche Gerichtsbarkeit geht, dass man einfach Fälle herholt und sagt naja, okay, Person XY hat das gemacht und wurde dann nach Eger recht verurteilt und dann Person Y hat dies und jenes gemacht und so, aber sonst ist tatsächlich gar nicht so leicht.
Wollte ich jetzt nur einfach mal streuen. Ich habe da keine Lösung und ich habe da auch jetzt niemanden der Museumsleiter noch mal extra nachgefragt. Aber das empfinde ich auf jeden Fall als eine Herausforderung. Hast du denn sonst irgendwelche Fragen noch dazu oder möchtest du irgendwas loswerden zu dem Thema?
Lukas
Wie verrückt es vielleicht ist, dass sind wir jetzt uns heute zu Grenzgebieten befinden, dass wir dann teilweise nicht mal mehr wissen, sind wir jetzt in Bayern oder sind wir in Tschechien, weil es geht einfach ein Waldweg durch den Wald durch und zack, du bist halt im anderen Land.
Ralph
Ja, das stimmt.
Lukas
Und damals halt einen Todesstreifen oder halt Zaun mit Sicherheitskontrolle oder keine Ahnung was. Und das ist halt schon irgendwie so für mich so ganz schwer nachzuvollziehen, wie auch der Roland weiß es gesagt hat. Das irgendwie so bei Mähring hört die Welt auf und danach war halt einfach Schluss. Nicht, weil dann die Welt zu Ende war, es dann halt einfach, weil es dann keine Reisefreiheit mehr gab.
Du konntest nicht mehr weitergehen und ich glaube, das ist ein Privileg. Also ich meine, wir können uns vielleicht noch an Grenzkontrollen in Österreich erinnern oder nach Tschechien oder so was, aber da waren wir sehr jung. Also das heißt, seitdem ich irgendwie politisch ein bisschen ein Gewissen habe, habe ich, glaube ich, kenne ich keine Grenzkontrollen mehr. Und es ist schon irgendwie verrückt, wenn man damit aufgewachsen ist und wenn man sich dessen bewusst ist, dass es irgendwie zumindest in der näheren Umgebung keine wirklichen Grenzen mehr gibt. Wie krass ist es. Und da möchte ich eigentlich auch nicht mehr in die Zeit früher zurück.
Ralph
Ja, da hast du recht. Ich kann mich da auch, obwohl ich ein bisschen älter bin, also ich kann mich da auch so gut wie gar nicht dran erinnern an diese Grenzkontrollen. Ja, und bin froh drum, dass es den Schengenraum hier gibt.
Lukas
Vielen lieben Dank für diese Geschichte, für diesen Schwung durch die Zeit. War auf jeden Fall echt höchst interessant. Karl Schneider Wie alt ist er jetzt? Der muss ja dann auch jetzt schon auf die 90 zugehen, oder?
Ralph
Ja, der ist Mitte 80. Ja, das sind die letzten Zeitzeugen bei solchen Geschichten, das ist ja krass. Ich fand es unglaublich spannend, was er erzählt hat und er hat sich auch richtig viel Zeit genommen für mich. Wir sind da bestimmt, ich möchte es nicht übertreiben, aber bestimmt zwei, drei Stunden durch Lohhäuser gegangen.
Lukas
Ja, aber sehr cool. Also ich meine, das ist ja so ein Privileg, wenn man so was machen kann, dass man da sich mit solchen Leuten unterhält.
Ralph
Na ja, ihm ist es halt auch total wichtig, dass er das alles erzählt, dass es weitergegeben wird. Ja gut, dann sind wir jetzt am Ende unserer Sonderstaffel angelangt. Genau. Es ist auf jeden Fall ein wilder Ritt durch den Landkreis Tirschenreuth und noch darüber hinaus. Ja, ich habe auf jeden Fall wahnsinnig viel über die Region gelernt.
Lukas
Bin auch sehr überrascht, was es da alles gibt und was für verrückte Traditionen und Industriezweige und Menschen in Geschichte und so! Es passiert ja doch nicht alles in den großen Städten. Manches passiert halt auch einfach auf dem Kaff und es ist halt nicht weniger spannend.
Ralph
Aber das wissen wir ja bereits. Das ist so seit zwei Jahren Bitte nicht anfassen.
Lukas
Das stimmt ja.
Ja, ich finde, es zeigt sich noch mal. Ja, auf jeden Fall. Geschichten finden sich überall. Das heißt, dass wir jetzt im kommenden Monat ja wieder in unsere regulären Sendemodus übergehen. Genau. Im Oktober geht’s wieder in den monatlichen Rhythmus über. Kannst du mir dann schon sagen, womit es dann im Oktober weitergehen wird?
Ralph
Ja, es wird ein ein lockeres Thema sein, Ein heiteres Thema, vielleicht auch ein bisschen nerdiges Thema. Und es geht um etwas, das auf jeden Fall meine, gut möglich auch deine Kindheit und die vieler anderer Menschen geprägt hat.
Lukas
Ich bin gespannt.
Ralph
Und Leute, ist ja super, wenn ihr uns Feedback geben könnt zu der Sonderstaffel. Wir arbeiten daran, dass wir immer besser werden, dass wir euch immer ansprechenden interessanten Content liefern können und sind auch offen für Neuerungen.
Das heißt, wenn ihr die Sonderstaffel toll findet, dann schreibt uns doch, was ihr toll findet. Wenn es nicht so toll findet, sind wir auch froh darum, Verbesserungswünsche oder Kritik zu erhalten. Ja, tretet in Kontakt. Das war die letzte Folge des Specials, der Kooperation von Bitte nicht anfassen, Museum mal anders und das Zwölfer – Museen im Landkreis Tirschenreuth. Diese Kooperation wurde gefördert von der Landestelle für nichtstaatliche Museen Bayern.