Podcasting für öffentliche Organisationen selbst gemacht (und vier häufige Fehler, die ihr einfach vermeiden könnt)

Der Wunsch, mit einem eigenen Podcast Themen, Agenda und das eigene Image nach außen zu tragen, ist derzeit bei vielen öffentlichen Institutionen, wie Museen, NGOs oder anderen Organisationen, groß. Denn mittlerweile hören mehr als 23 Millionen Menschen in Deutschland im Alter von über 14 Jahren zumindest gelegentlich Podcasts. Da Budgets dafür meist nicht sonderlich hoch sind oder die Lust auf langwierige Ausschreibungsprozesse begrenzt ist, entscheiden sich viele Institutionen dafür, den Podcast selbst zu produzieren. Das ist möglich, wenn ihr diese Fehlerquellen im Blick behaltet.

1. Zeitlicher Aufwand für Podcasting: Dramatische Unterschätzung und Arbeitsaufwand

Kurz das Mikrofon aufbauen, auf Aufnahme klicken, und der Rest kommt von ganz allein. Diese (dramatische) Unterschätzung des zeitlichen Aufwands, um einen Podcast zu produzieren, begegnet uns immer wieder. Das liegt vor allem daran, dass Podcasts als gefühlt ungeschnittenes, intimes Format mit wenig zeitlichem Aufwand assoziiert werden. Aber das ist ein großer Fehler. Wie jedes andere Kommunikationsformat braucht ein Podcast eine gut durchdachte Strategie, eine gründliche Vorbereitung auf Interviews und vor allem viel Geduld beim Schnitt und der Produktion. Wer davon ausgeht, dass in einer monatlich erscheinenden Podcast-Folge kaum Arbeit steckt, irrt sich gewaltig. Gerade am Anfang übersteigt die Vor- und Nachbereitung das eigentliche Interview um ein Vielfaches.

Unsere Empfehlung: Plant für eine einstündige Gesprächs-Podcast-Episode in den ersten fünf Folgen einen durchschnittlichen Aufwand von zehn Stunden investierter Arbeitszeit ein. Besonders für den Schnitt und die Postproduktion empfiehlt es sich, mit externen Dienstleistern zusammenzuarbeiten. Das spart wertvolle Zeit und hält die Motivation am Leben, um sich neuen Folgen zu widmen.

2. Wichtigkeit der Tonqualität für Podcasts: Mikrofone allein reichen nicht aus

Angebote an Podcast-Bundles und verschiedensten technischen Lösungen sind mittlerweile unüberschaubar geworden. Häufig wird behauptet, dass die Technik so intuitiv und einfach zu bedienen ist, dass man kein Toningenieur mehr sein muss, um eine gute Qualität zu erzielen. Das mag in gewisser Weise stimmen, dennoch solltet ihr euch zumindest mit grundlegenden Aspekten der Audioaufnahme beschäftigen.

Ein Beispiel: Es gibt Institutionen, die in Mikrofone und Aufnahmegeräte investieren, aber kaum in Kopfhörer oder Monitor-Boxen zum Gegenhören oder zum Schnitt. Häufig werden stattdessen Laptop-Lautsprecher oder Handy-Headsets verwendet. Doch Störgeräusche, Surren, Klimaanlagen, Laubbläser usw. werden dabei oft nicht wiedergegeben. Im schlimmsten Fall ladet ihr eine Folge auf Spotify hoch, in der Türen knallen, die Konversation des benachbarten Büros im Hintergrund zu hören ist und das Tonlogo viel lauter gemischt ist als das eigentliche Gespräch. Das ist nicht nur ärgerlich, sondern auch einfach vermeidbar. Daher sagen wir: Gute Kopfhörer sind genauso wichtig wie gute Mikrofone. Wer hier spart, spart am falschen Ende.

Ein weiteres Beispiel: Ihr plant ein Gesprächsformat mit einem wichtigen Gast, der sich aber nur online zuschalten kann. Bedenkt, dass beim Podcasting der Klang zentral ist. Ein Talkformat, das über Laptop-Mikrofone aufgenommen wird, kann schnell Irritationen hervorrufen, weil das klangliche Gefälle zwischen eurer Moderation und den Antworten des Gasts zu hoch sein kann. Sollte es keine andere Möglichkeit geben, empfehlen wir eine Nachbearbeitung zur Verbesserung der Tonqualität mit Tools wie Adobe Enhance. Wenn ihr dann immer noch zufrieden seid, gibt es auch hier Dienstleister, die solche Spuren optimieren oder gegebenenfalls reparieren können. Alternativ können euch solche Dienstleister helfen, Aufnahmegeräte zu verschicken oder vielleicht das Interview stellvertretend für euch vor Ort aufzuzeichnen.

3. Vermeidung von Themenwiederholungen bei Podcasts: Planung und Vielfalt

„Wir haben so viel zu erzählen“, sagt wohl fast jede Organisation über sich. Egal, ob es um Museumsobjekte, politische Agenden oder neue Bildungsformate geht. Daher unterschätzen Institutionen häufig, wie weit Themen und vor allem Gesprächspartner:innen im Vorfeld geplant sein müssen. Denn abseits von organisatorischen Hürden besteht vor allem die Gefahr, sich zu wiederholen. Gerade für Institutionen mit spezifischen Zielsetzungen ist das eine echte Herausforderung. Daher raten wir euch, vor den ersten Interviews einen theoretischen Redaktionsplan für fünf Episoden zu erstellen: Habt ihr genügend Gesprächspartner:innen für eure Themen? Was sind die zentralen Fragen meiner Folge? Welche Geschichte möchtet ihr mit dieser Folge, aber auch mit dieser Staffel erzählen? Könnt ihr das alles organisieren?

Nachdem ihr diese Fragen beantwortet habt, gebt die Liste an potenzielle Hörer:innen aus eurem Bekanntenkreis weiter. Baut das Feedback ein und schärft das Profil jeder Folge. Erst dann solltet ihr darüber nachdenken, wann und wie ihr euch an die Produktion machen möchtet. Hilfreich sind Tabellen mit einem Redaktionsplan, der Zeit, Folgeninhalte, Fragestellungen und sonstige organisatorische Hürden festhält. Achtet außerdem bei eurer Gästeauswahl auf Vielfalt und Abwechslung. Erfahrene Journalist:innen oder Redakteur:innen können euch hier unterstützen und einen genauen Rahmen für das Projekt abstecken.

4. Abheben von anderen Podcasts: Findet eure Nische und Alleinstellungsmerkmale

Warum sollten Menschen euren Podcast anhören? Was sagt ihr, was sonst keiner sagt? Ihr müsst nicht das Rad neu erfinden, schließlich gibt es auch etliche Reiseführer über Venedig oder Homepages mit veganen Rezepten. Aber ihr solltet euch darüber Gedanken machen, wie ihr euch abheben möchtet. Politische Bildungshäuser können zwar politisch bildende Formate starten, aber die Wahrscheinlichkeit, sich gegen die Big Player durchzusetzen, ist eher gering. Die Lösung liegt in der Nische: sowohl was die Zielgruppe als auch die Fragestellung betrifft. Macht euch klar, wer eure Zielgruppe ist und wie diese Zielgruppe vielleicht schon mit euch in Kontakt getreten ist. Welche Bedürfnisse hat sie, die noch nicht oder vielleicht zu allgemein durch Podcasts abgedeckt sind?

Ein Beispiel: Wir haben für eines unserer Formate eine dänische Gewerkschaft porträtiert, die sich diese Frage sehr genau für ihre TikTok-Strategie gestellt hat. Ihr Anspruch war es, der Zielgruppe der Generation Z arbeitsrechtliche Fragen in kurzen Videos zu erklären, die einen erheblichen Einfluss auf den Alltag dieser Menschen (häufig Berufsanfänger:innen) haben. Mittlerweile sind diese kurzen Videos in Dänemark absolut viral geworden. Zwar ist TikTok kein Podcast, aber dieses Beispiel zeigt, dass die richtige Fragestellung für die richtige Zielgruppe ein großer Erfolg sein kann.

Vielleicht möchtet ihr als Gewerkschaft Arbeitsregelungen in Deutschland erklären? Vielleicht habt ihr Objekte in eurer Ausstellung, die besonders für Menschen aus der Region interessant sind? Vielleicht unterstützen euch viele Ehrenamtliche, denen ihr mit eurem Podcast eine Plattform bieten könnt? Ein Podcast-Projekt, das gute Antworten auf genau diese Fragestellungen gefunden hat, ist „Wegbegleiter“. Dieser Podcast hilft Familien von schwer erkrankten Kindern und lässt Betroffene, Themenexperten und Fachkräfte aus dem Pflege-, Hospiz- und Palliative-Care-Bereich zu Wort kommen.

Gerade am Anfang eurer eigenen Produktion kann es sinnvoll sein, sich Unterstützung bei diesen Fragestellungen zu holen.